FinanzMonitor.com: Im Nachhinein ist man immer schlauer
Ich interessiere mich für die Themen Wirtschaft und Börse. Ich besitze auch ein paar Aktien und tätige ein paar wenige Transaktionen pro Jahr. Leider wurde ich damit aber nicht zum Millionär, einfach weil mir in den entscheidenden Momenten ein klarer Verstand, Voraussicht und der Mut zum kaltblütigen Handeln fehlten.
Dabei sind – im Nachhinein betrachtet –viele Möglichkeiten zum Verdienen von viel Geld an der Börse und an anderen Märkten glasklar und logisch. Aber eben leider erst im Nachhinein.
Schauen wir zusammen ein paar Beispiele an. Vielleicht waren Sie gerissen genug, dabei Geld zu verdienen. Ich selbst habe die Chancen verpasst und bin erst im Nachhinein schlauer geworden.
Beispiel 1: Der Erdöl-Preis
Die Erdöl-Vorkommen auf der Welt sind begrenzt. Das weiss jedes Kind. Und Erdöl ist der wichtigste Energieträger nebst Elektrizität. Das weiss auch jedes Kind, das je ein fahrendes Auto und eine Tankstelle gesehen hat. Zudem ist Erdöl die Basis von Plastik, einem Werkstoff, der aus Haushalt und Industrie nicht wegzudenken ist. Kein Wunder ist der Verbrauch von Erdöl mit der Industrialisierung und dem weltweiten Bevölkerungswachstum stetig angestiegen. Wer die Fakten nüchtern betrachtet – begrenzter Rohstoff und steigender Konsum – wird daraus schliessen, dass der Preis von Erdöl steigen muss. Auf dem jetzigen Niveau von 100 Dollar pro Fass ist diese Entwicklung vielleicht schon eingespeist. Aber als vor 10 Jahren das Öl noch 20 Dollar pro Fass und damit nur wenig mehr als die reinen Aufwendungen zur Erdölförderung kostete, da hätte man ein Vermögen mit einer langfristigen Spekulation auf einen steigenden Ölpreis machen können. Im Nachhinein ist man halt immer schlauer.
Beispiel 2: Der Immobilienboom und das Platzen der Blase in Spanien
Durch den Eintritt in den Euro-Raum sanken die Zinsen in den südlichen Ländern Europas massiv. Das war vorhersehbar. Tiefere Zinsen bewirken eine höhere Bereitschaft, sich zu verschulden, etwa durch den Bau und Kauf einer eigenen Wohnung oder eines eigenen Hauses.
Einen solchen Boom erleben wir gerade in der Schweiz. In stärkerer Form spielte sich ein solcher Boom eben z.B. in Spanien ab. Klar ist man im Nachhinein schlauer, aber mit etwas Voraussicht hätte man vor zehn Jahren auf Immobilien- und Bauaktien in Spanien setzen können. Und mit derselben Voraussicht hätte man nach ein paar Jahren wieder aussteigen sollen – nachdem klar wurde, dass dort viel zu viel gebaut wurde und dass die Immobilienpreise auch schon bei einem leichten Zinsanstieg nach unten korrigieren würden.
Beispiel 3: Der Euro-Sinkflug Richtung Parität
Eine gute Kollegin ging beim Eurokurs von 1.01 Schweizer Franken zur Bank und kaufte sich 5000 Euro. Und Sie hat es genau richtig gemacht. Kurze Zeit später legte die Schweizerische Nationalbank das Wechselkursziel von 1.20 Franken pro Euro fest, und die Kollegin war um tausend Franken reicher. Klar hat der Euro zu Recht in den letzten Jahren stetig an Wert verloren. Aber auch ohne Berücksichtigung von Aussagen von Experten diesen Sommer, dass der faire Wechselkurs unter Berücksichtigung der Kaufkraftparität bei 1.35 CHF/EUR liege, hätte jedem klar sein sollen, dass die Devisenmärkte hier völlig übertrieben haben und dass sich der Euro über kurz oder lange gegenüber dem Schweizer Franken wieder aufwerten würde.
Beispiel 4: Die tiefen Zinsen in der Schweiz
Ein aktuelles Beispiel ist das jetzige Zinsniveau in der Schweiz. Noch nie in den letzten 150 Jahren waren die Hypothekarzinsen so tief wie in diesem Jahr. Leider kann ich nicht in die Zukunft blicken und Ihnen sagen, wie Sie als Immobilien-Besitzer diese tiefen Zinsen zu Ihrem Vorteil nutzen können. Es könnte ja auch sein, dass die Zinsen auf lange Sicht so tief bleiben – dafür sprechen u.a. das Fehlen eines wirtschaftlichen Aufschwungs und die tiefe Inflation in der Schweiz.
Aber ich kann Ihnen dennoch einen Tipp geben, wie Sie – falls Sie Hausbesitzer sind – aus dieser speziellen Zinssituation Profit schlagen können. Die Lage ist so klar, dass es mich wundert, dass ich diesen Tipp noch nirgends gelesen habe. Im Moment sind nämlich die Hypothekarzinsen für kurzfristige Hypotheken tiefer als die Zinsen auf Guthaben aus der 2. und 3. Säule. Dies ist nicht normal. Normal ist, dass Zinsen auf Guthaben tiefer sind als Zinsen auf Schulden. Nur so können Banken Geld verdienen. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, bis sich das Zeitfenster für folgende Opportunität wieder schliesst: Zahlen Sie jetzt als Hausbesitzer nicht Ihre ablaufende Hypothek mit Geldern aus der 2. oder 3. Säule zurück, sondern verlängern Sie die Hypothek um ein Jahr. Und finanzieren Sie einen Teil Ihres Wohneigentums kurzfristig mit einem höheren Kredit mittels Verpfändung der 2./3. Säule anstelle eines Kapitalbezugs aus der Altersvorsorge.
Denn eine 1jährige Hypothek kostet gemäss Hypothekenvergleich momentan etwa 1.2%. Netto nach Steuern kostet diese weniger als 1.0%. Geld in der Säule 3a wird im Vergleich dazu mit 2.0% (steuerfrei) verzinst. Die Differenz beträgt also etwa 1.0%. Sie sparen so pro 100‘000 Franken Hypothek im Jahr tausend Franken. Einziges Risiko dabei ist, dass die Banken plötzlich die 3a-Zinsen deutlich senken und damit der Realität anpassen. Wird dieser Fall eintreten? Wohl nicht, aber ganz sicher weiss ich es erst in einem Jahr– denn im Nachhinein ist man eben immer schlauer.
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