Als Besitzer eines Hauses oder einer Eigentumswohnung kennen Sie das sicher: Ihr Bankberater empfiehlt Ihnen, die Hypothek nicht oder nicht ganz abzuzahlen, um „Steuern zu sparen“ und um „die Steuern wegen dem Eigenmietwert auszugleichen“. Das stimmt zweifelsfrei. Aber es ist nur die halbe Wahrheit. Denn entscheidend ist nicht, Steuern zu sparen, sondern insgesamt Geld zu sparen. Deswegen lohnt es sich vielfach, die Hypothek zu amortisieren, wenn man über genügend flüssige Mittel verfügt. Schauen wir uns das im Detail an.

 

Eigenheim und steuerbares Einkommen

In der Theorie scheint es einfach. Eigenheimbesitzer müssen ihr steuerbares Einkommen gegenüber Mietern wie folgt anpassen:

  1. Zunächst muss der Eigenmietwert zum steuerbaren Einkommen hinzugefügt werden
  2. Dafür gibt es einen Abzug für die Unterhaltskosten
  3. Zusätzlich können auch die Schuldzinsen, also die Kosten der Hypothek, vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden

 

Einfluss Wohneigentum auf steuerbares Einkommen

Die Einzahlungen in die Säule 3a können zudem auch abgezogen werden. Viele Banken werben damit. Oftmals ist es aber so, dass Personen, welche sich ein eigenes Haus oder eine eigene Wohnung leisten können, bereits vorher mittels 3. Säule Steuern sparten. Deswegen ist es nicht sinnvoll, diese Steuerersparnis zu berücksichtigen – sie bestand wie andere mögliche Abzüge bereits vorher.

In der Grafik ist ersichtlich, dass dank den Abzügen das steuerbare Einkommen tiefer ist als vorher und es scheint klar, dass es sinnvoll ist, eine möglichst hohe Hypothek zu haben. So kann man mehr Steuern sparen, das stimmt. Aber es käme ja auch niemand auf die Idee, absichtlich eine Hypothek mit einem sehr hohen Zinssatz abzuschliessen, nur weil er dann mehr Steuern spart. Und aktuell ist es für die viele Eigenheimbesitzer so, dass wegen der tiefen Zinsen die Abzüge geringer als der Eigenmietwert sind.

Man darf das Thema nicht isoliert betrachten, sondern muss eine vorher-nachher Betrachtungsweise einnehmen. Dabei muss man nur das betrachten, was sich ändert. So kann man die beiden Alternativen miteinander vergleichen. Schauen wir uns das mit einem Beispiel an.

 

Beispiel zur effektiven Steuerersparnis

Nehmen wir an dass Familie Muster ein steuerbares Einkommen von 100‘000 Franken hat, eine Hypothekarschuld von 500‘000 Franken zu 3.0% aufweist und nun 100‘000 Franken geerbt hat. Ihr Grenzsteuersatz (mehr Informationen dazu hier) beträgt 30%. Sie fragt sich, ob sie damit die Hypothek reduzieren soll oder das Geld zu 1.0% Zins in einer Kassenobligation anlegen soll. Die Vermögenssteuern sind übrigens nicht tangiert, weil das Nettovermögen (Vermögen minus Schulden) identisch bleibt.

Variante Amortisation:
Durch die Reduktion der Hypothek um 100‘000 Franken spart Familie Muster jährlich 3‘000 Franken Hypothekarzinsen. Weil das steuerbare Einkommen um denselben Betrag ansteigt, fällt die nächste Steuerrechnung 900 Franken höher aus (3‘000 Franken x Grenzsteuersatz von 30%). Unter dem Strich spart die Familie trotz höheren Steuern also 2‘100 Franken. Oder anders gesagt: die Rendite der Rückzahlung mit der Erbschaft beträgt 2.1% (2‘100 / 100‘000).

Variante ohne Amortisation, Anlage in Kassenobligation:
Wird die gesamte Hypothek beibehalten und das geerbte Geld risikofrei in eine Kassenobligation zu 1.0% Zins angelegt, dann ergibt die 1‘000 Franken Zins im Jahr. Aufgrund des höheren steuerbaren Einkommens bleibt nach Berücksichtigung der Steuern (300 Franken) unter dem Strich ein magerer Ertrag von 700 Franken, was einer Rendite von 0.7% entspricht.

Somit lohnt sich in diesem Beispiel die Rückzahlung der Hypothek. Nur wenn Familie Muster eine interessantere Geldanlage hätte, welche nach Steuern mehr als 2.1% Rendite erzielt, würde es sich lohnen, die Hypothek nicht zu verringern. Eine solche Rendite ist durchaus erzielbar, aber nicht mit einer risikolosen Geldanlage. Dazu wären beispielsweise Investitionen in Aktien notwendig, welche auf historisch betrachtet deutlich besser rentierten als mit 2.1%. Dies ist allerdings nur sinnvoll, wenn Familie Muster bereit ist, mit der Erbschaft Risiken einzugehen.

 

Fazit: Gesamten Effekt und nicht nur Steuerersparnis betrachten

Als Fazit können wir festhalten, dass man mit einer höheren Hypothek Steuern spart. Aber in einer gesamtheitlichen Betrachtung macht es vielfach Sinn, die Hypothek zu reduzieren, denn die Kosten für die Hypothekarzinsen sind höher als was man mit den eigenen Barmitteln an Ertrag erzielt. Behalten Sie dies im Hinterkopf, wenn Sie in einer ähnlichen Situation sind und Ihr Bankberater Sie als lukrativen Hypothekarkunden halten will, indem er Ihnen von einer Rückzahlung der Hypothek abrät, um „Steuern zu sparen“. Rechnen Sie für sich aus, was der Nettoeffekt der beiden Alternativen ist, und betrachten Sie den gesamten Effekt und nicht nur einseitig die tieferen Steuern wegen höheren Schuldzinsen.