Sie wollen Wohneigentum erwerben, wissen aber nicht, ob Sie es sich leisten können? In diesem Artikel erfahren Sie, wie Banken eine Tragbarkeitsrechnung durchführen, ob Sie konkret Ihr Traumhaus oder Ihre Traumwohnung finanzieren können (inklusive kostenlosem Finanzierungs-Rechner) und was Sie tun können, wenn Sie ein Grenzfall bei der Hypothekar-Finanzierung sind.

Immobilien-Finanzierung: So rechnen Banken

Wenn Sie eine Bank aufsuchen, um eine Offerte für eine Hypothek einzuholen, dann wird der Bankberater folgendes machen: Er wird prüfen, ob Sie sich das gewünschte Haus oder die Eigentumswohnung auch leisten können und dazu eine Tragbarkeitsrechnung anstellen. Dabei wird er wie folgt vorgehen:

1. Bedarf an Fremdkapital ermitteln

In einem ersten Schritt wird der Bankberater bestimmen, wie gross Ihr Bedarf an Fremdkapital ist. Dieses bemisst sich aus der Differenz zwischen dem Kaufpreis des Hauses und Ihrer Eigenmittel. Ihr Eigenkapital sollte dabei mindestens 20% des Kaufpreises betragen. Je nach Bank können Sie ganz oder teilweise auf Gelder aus der zweiten Säule (Pensionskasse, Freizügigkeitskonto) und der dritten Säule (Säule 3a und 3b) zurückgreifen – mittels Verpfändung oder Auszahlung. Seit Juli 2012 sollten Sie zudem 10% „echte Eigenmittel“ vorweisen können – also Geld das nicht aus der Pensionskasse stammt, sondern das Sie sich selbst und völlig freiwillig angespart haben.

2. Kosten für das 1. Jahr abschätzen

Anschliessend wird er Ihre Kosten für das erste Jahr abschätzen. Diese setzen sich zusammen aus:

Kosten 1. Hypothek: Banken belehnen Wohneigentum in der Regel nur bis zu 65 bis 70% mit einer zinsgünstigen Hypothek im 1. Rang. Für darüber hinausgehende Belehnungen müssen Sie eine Hypothek im 2. Rang abschliessen, die über einen deutlich höheren Zinssatz verfügt. Für die Tragbarkeitsrechnung gehen die Banken nicht vom aktuellen Hypothekarzins aus, sondern verwenden einen kalkulatorischen Zinssatz, der meistens zwischen 4.5 und 5.0% beträgt. Die Überlegung dabei ist, dass Ihr Wohneigentum für Sie auch noch finanziell tragbar sein soll, wenn die Hypothekarzinsen steigen.

Kosten 2. Hypothek: Wenn Sie über weniger als 30-35% Eigenmittel verfügen, dann wird die Differenz zwischen dem Kaufpreis abzüglich Ihrem Eigenkapital und der 1. Hypothek mit einer Hypothek im zweiten Rang finanziert. Diese beläuft sich auf maximal 15% des Kaufpreises. Auch hier rechnet Ihre Bank mit einem kalkulatorischen Zinssatz zwischen 4.5 und 5.0%

Amortisation 2. Hypothek: Die Banken verlangen seit September 2014, dass Sie die zweite Hypothek innerhalb von 15 Jahren zurückbezahlen, also amortisieren. Vorher hatte man 20 Jahre Zeit dafür. Zusätzlich zu den Hypothekarzinsen wird die Bank also 1/15 der Höhe der 2. Hypothek als Kosten in die Tragbarkeitsrechnung einfliessen lassen.

Nebenkosten: Als Wohneigentümer müssen Sie sämtliche Nebenkosten selbst tragen. Diese kommen zu den Hypothekarzinsen und den Ausgaben für die Amortisation hinzu. Banken kalkulieren hier nach der Faustregel: Jährliche Nebenkosten = 1.0% des Kaufpreises.

3. Verhältnis zwischen Kosten und Bruttolohn berechnen (Tragbarkeit)

Die Summe der obigen vier Kostenarten ergibt die jährlichen geschätzten Kosten für Ihr Eigenheim. Ihre Bank wird diese nun ins Verhältnis zum jährlichen Bruttolohn von Ihnen (oder falls Sie mit Ihrem Partner die Immobilie erwerben: Der Summe der beiden Bruttolöhne) setzen. Hier gilt die Faustregel, dass die Kosten nicht mehr als 33% bis 35% des Bruttolohns betragen sollten. Ansonsten gilt die Hypothek als finanziell nicht tragbar.

Beispiel Immobilien Finanzierung und Tragbarkeitsrechnung

Schauen Sie sich zum besseren Verständnis dieses Beispiel an. Familie Muster will eine Wohnung zum Preis von CHF 600‘000 erwerben und verfügt über CHF 120‘000 Eigenkapital. Sie verfügt damit gerade über die erforderlichen 20% Eigenmittel. Der jährliche Bruttolohn von Herrn Muster beträgt CHF 100‘000, seine Frau ist nicht erwerbstätig. Bei einer maximalen Belehnung von 65% durch die erste Hypothek und 15% durch die zweite Hypothek ergibt sich folgende Ausgangslage:

Finanzierung Eigenheim Rechnung

Je nach Zinsen ergibt sich folgende Tragbarkeitsrechnung (linke Seite: Zinsen von 2.0% für die 1. Hypothek und 2.5% für die zweite Hypothek, rechte Seite: Kalkulatorische Zinsen von 5.0% für beide Hypotheken) für das erste Jahr:

Tragbarkeit Eigenheim Rechnung

Bei tiefen Zinsen lässt sich die Wohnung gut finanzieren. Die Kosten von CHF 1‘838 pro Monat betragen lediglich 22.1% des Bruttoeinkommens. Da die Bank aber mit Zinsen von 5.0% rechnet, ergibt sich eine Belastung durch die Wohnung von 36.0% des Bruttoeinkommens. Das ist über der Grenze von 33-35%, bis zu der Banken die Finanzierung des Eigenheims unterstützen.

Lassen Sie sich deswegen nicht von den tiefen Zinsen blenden. Bei genügend Eigenkapital könnten sich aktuell sehr viele Schweizer ein Eigenheim leisten. Weil aber die Banken für die Tragbarkeit mit kalkulatorischen Zinsen rechnen, die deutlich höheren als der aktuelle Marktzins sind, kann der Traum vom Eigenheim rasch an der Trabarkeitsrechnung platzen. Aktuell rechnen die meisten Banken mit 5.0% als Zinssatz für die erste Hypothek, nur wenige wenden 4.5% an. Und bei der zweiten Hypothek wird ebenfalls meist 5.0% verwendet. Bei den Nebenkosten wird meist mit 1.0% gerechnet, wobei bei wenigen Banken auch leicht tiefere Sätze zur Anwendung kommen können, wie erwähnt etwa bei Minergie-Häusern.

Tipp: Sie wollen eine Rechnung für Ihr Objekt erstellen? Laden Sie jetzt kostenlos unseren Finanzierungsrechner für Microsoft Excel herunter. Mit dem Rechner können Sie beliebige Szenarien durchspielen.
 

Kostenloser Download: Unser Excel-Finanzierungsrechner für Ihr Haus oder Ihre Wohnung

Was wenn die Hypothek nicht tragbar ist?

Vielleicht befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation wie die Familie Muster im obigen Beispiel. Sie will sich die Traumwohnung kaufen, aber die Bank verweigert die Finanzierung weil die monatliche kalkulatorische Belastung im Verhältnis zum Einkommen zu hoch ist. Sie haben nun folgende Möglichkeiten, wie wir sie am Beispiel der Familie Muster aufzeigen:

Tieferer Kaufpreis: Bereits bei einem Kaufpreis von CHF 560‘000 reduziert sich die Belastung von 36.0% auf 32.7% des Bruttolohns. Entweder kann also die Immobilie günstiger gekauft werden (z.B. durch Verhandeln oder den Verzicht auf einen Tiefgaragenplatz), oder die Familie sucht sich eine billigere Wohnung.

Höhere Eigenmittel: Durch zusätzliches Eigenkapital von CHF 30‘000 senken sich die monatlichen Kosten um CHF 292 und die Belastung des Bruttolohns reduziert sich auf tragbare 32.5%. Wenn ein Elternteil der Familie Muster über genügend Vermögen verfügt, dann wäre ein Erbvorbezug oder eine Schenkung ideal. Dies ist für viele junge Familien ein Weg, um schnell und kostenlos über mehr Eigenkapital zu verfügen.

Höherer Lohn: Bei einem Bruttolohn von CHF 110’000 sinkt die Belastung auf 32.7%. Dabei spielt es keine Rolle, ob Herr Muster eine Lohnerhöhung um 10% erhält oder ob seine Frau eine Teilzeitarbeit aufnimmt (hier würde eine 20%-Stelle mit einem Monatslohn von CHF 830 ausreichen).

Höhere 1. Hypothek: Je nach Bank oder Bankberater besteht die Möglichkeit, bei einem günstig erworbenen Objekt an besonderer Lage die maximale Belehnung mit einer günstigen Hypothek im 1. Rang bis auf 70% des Objektpreises auszudehnen. Im Beispiel der Familie Muster würde dies sowohl die Zinskosten als auch die Amortisationskosten senken. Dies ist seit September 2014 jedoch kaum mehr möglich.

Langsamere Amortisation 2. Hypothek: Auch das ist seit September 2014 nicht mehr möglich, weil die Banken im Rahmen der Selbstregulierung via Schweizerische Bankiervereinigung festgelegt haben, dass die zweite Hypothek innerhalb von 15 Jahren linear und regelmässig amortisiert werden muss.

Tiefere Nebenkosten: Dass die Nebenkosten 1.0% des Kaufpreises betragen, ist eine Faustregel. Bei modernen und energieeffizienten Gebäude, die z.B. nach dem Minergie-Standard gebaut wurden, können die Nebenkosten (allen voran die Heizkosten) in der Summe weniger als 1.0% betragen. Wenn die Bank mit im Falle des Beispiels von Familie Muster mit lediglich 0.75% Nebenkosten rechnet, dann sinkt die kalkulatorische Belastung auf 34.5% des Bruttolohns.

Mit der Bank verhandeln: Die Bank hat Interesse, Hypothekarkredite zu vergeben, schliesslich verdient sie damit Geld. Sie will aber auch kein zu grosses Risiko eingehen. Familie Muster ist hier ein Grenzfall. Wenn sie lediglich CHF 20‘000 mehr Eigenkapital aufbringt und die Bank mit 0.8% Nebenkosten rechnet, dann sinkt die Belastung von 36.0% auf akzeptable 32.5%.

Warten: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Wenn die Bank die Immobilie nicht finanzieren will, dann bleibt auch noch die Option, einfach zuzuwarten und weiter Geld zu sparen. Auf ein, zwei oder drei Jahre sollte es ja nicht darauf ankommen, man wird ja voraussichtlich danach noch Jahrzehnte in den eigenen vier Wänden wohnen.

Lesetipp für Personen in knappen finanziellen Verhältnissen: „Ohne Eigenkapital zur Hypothek?“ und „So kommen Sie zu einer günstigen Hypothek„.