Wir erhalten regelmässig Anfragen, ob man von den Banken oder Versicherungen immer noch eine Hypothek ohne Eigenkapital erhalten kann. Die kurze Antwort darauf lautet „nein“. Allerdings gibt es dennoch einige Möglichkeiten, wie man sich sein Wohneigentum ohne Barmittel finanzieren kann.

Doch schauen wir kurz zurück: Bis Mitte 2012 war es in der Schweiz möglich, ohne Eigenkapital die eigenen vier Wände zu finanzieren. Das bedeutet aber nicht, dass die Banken eine Hypothek bis zu 100% des Kaufpreises auszahlten. In der Praxis war es meist so, dass zumindest eine Reserve 20% (in wenigen Fällen auch nur 10%) bestehen musste. Diese Reserve mittels Eigenkapital wurde den Banken von den Eigenheim-Besitzern durch ihre Pensionskasse zur Verfügung gestellt. Es ist ja so dass viele Schweizer einen Grossteil ihres Vermögens in der Pensionskasse haben. Dieses Geld ist dazu bestimmt, nach der Pensionierung einen finanziell abgesicherten Lebensabend zu sichern. Dank dem Gesetz zur Wohneigentumsförderung WEF ist es aber möglich, Geld aus der Pensionskasse zu beziehen oder zu verpfänden, um damit selbst bewohntes Wohneigentum zu finanzieren. Die Überlegung ist, dass dieses Geld ja nicht weg ist, sondern mehr oder weniger sicher in einer Immobilie angelegt ist. Daraus resultieren geringere monatliche Fixkosten, wenn die Hypothek gering ist und weil ja die Kosten für die Miete entfallen.

Durch den Zugriff auf die Pensionskasse war es vielen Schweizern möglich, sich den Traum vom Wohneigentum zu ermöglichen. Das ist auch heute noch möglich. Allerdings haben die Banken im Rahmen einer Selbstregulierung beschlossen, dass folgende Kriterien gelten:

  • Mindestens 10% des Kaufpreises muss „echtes“ Eigenkapital, welches nicht aus der Pensionskasse stammt, sein
  • Reduktion der Belehnung auf 2/3 des Belehnungswerts innerhalb von 15 Jahren oder spätestens bis zum Erreichen des Pensionierungsalters

Hinzu kommt noch die Regel, dass Banken nur bis 80% des Kaufpreises (Verkehrswert/Marktwert) finanzieren. Das bedeutet, dass also im Minimum 20% Eigenkapital vorhanden sein müssen. Aus der Pensionskasse kann so viel Eigenkapital beigesteuert werden, wie auf dem Vorsorgeausweis der PK ersichtlich ist. Aber mindestens 10% des Kaufpreises dürfen wie erwähnt nicht aus der PK stammen.

Somit kann das Eigenkapital z.B. wie folgt beigesteuert werden:
a) 10% „echtes“ Eigenkapital (EK), 10% Pensionskasse (PK)
b) 20% „echtes“ EK, 0% PK
c) 20% „echtes“ EK, 10% PK
c) 10% „echtes“ EK, 30% PK.

Diese Fälle hier sind aber nicht möglich (Begründung in Klammern):
d) 5% „echtes“ EK, 15% PK (Bedingung, dass 10% „echtes“ EK vorhanden ist, nicht erfüllt)
e) 15% „echtes“ EK, 0% PK (Bedingung, dass insgesamt 20% EK vorhanden ist, nicht erfüllt)

Als zweiter wichtiger Punkt muss nebst dem Eigenkapital muss auch das Einkommen hoch genug sein, um die kalkulatorischen Kosten abdecken zu können (Stichwort „Tragbarkeit“), mehr dazu in diesem Artikel:

 

Tipp: Können Sie sich Wohneigentum leisten? Einen Tragbarkeits- und Finanzierungs-Rechner finden Sie hier.

Ist damit eine Hypothek ohne 10% echtes Eigenkapital definitiv nicht möglich?

Im Prinzip müssten sich die Banken nicht an die obigen Regeln halten, wenn sie dafür solche Kredite mit mehr bankeigenen Mitteln hinterlegen. Dies machen die Institute jedoch aktuell nicht. Wenn Sie ein Haus oder eine Wohnung kaufen wollen, dann müssen Sie also 10% Eigenkapital aufbringen, das nicht aus der 2. Säule / Pensionskasse stammen darf. Woher können Sie das Geld nehmen, wenn sie die 10% des Kaufpreises nicht in bar auf Ihrem Konto haben? Wir zeigen Ihnen hier verschiedene Möglichkeiten auf, wie Sie vielleicht doch eine Hypothek für Ihr Traumhaus erhalten können.
 

Erbvorbezug/Schenkung

Wenn Ihre Eltern vermögend sind, dann ist ein Erbvorbezug oder eine Schenkung eine Möglichkeit. Wenn Sie Geschwister haben, dann könnten Ihre Eltern alle Kinder mit einem einmaligen Betrag beglücken. Wenn nur Sie Geld im Voraus erhalten, dann würde der Erbvorbezug beim Tod der Eltern bei der Aufteilung der Erbschaft berücksichtigt. Häufig wird ein solcher Erbvorbezug oder eine Schenkung nicht einseitig zum Vorteil der Kinder gemacht. Die Eltern können sich nämlich so die Zustimmung der Kinder „erkaufen“, dass diese auf eine Erbschaft verzichten, solange noch einer der beiden Elternteile lebt. So profitieren beide Seiten – die Kinder dank Geld, das sie in jungen Jahren vermutlich dringender als im Alter benötigen, und die Eltern, weil der überlebende Elternteil z.B. im eigenen Haus bleiben kann und mehr Geld fürs Alter („Langleberisiko“) zur Verfügung hat.

Eine Schenkung muss nicht zwingend von den Eltern stammen. Vielleicht haben Sie noch andere reiche Verwandte, welche bereit wären, Sie finanziell zu unterstützen?
 

Zinsloses Darlehen

Anstelle einer Schenkung kommt auch ein Darlehen von der Familie (Eltern / Schwiegereltern/ Grosseltern) in Frage. Die Bank rechnet dies dem Eigenkapital zu, wenn es zinslos ist und die Laufzeit bis zur Rückzahlung mindestens so lange dauert wie die Hypothek. Dies ist ein Weg, bei dem man nahe Verwandte um Geld bitten kann, die es irgendwann wieder zurückhaben wollen.

Daneben verfügen Sie vielleicht doch über Eigenkapital, an welches Sie nicht gedacht haben:

 

Guthaben in der 3. Säule

Vermögen in der 3. Säule ist privat und freiwillig gespart und wird deswegen dem Eigenkapital zugerechnet. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie dieses beziehen oder verpfänden. Letztendlich geht es der Bank ja darum, eine weitere Sicherheit zu haben. Nebst klassischen 3a-Konten kann auch eine Lebensversicherung verwendet werden, um das Eigenheim zu finanzieren.

 

Wertschriften

Auch Wertschriften wie Aktien oder Obligationen können zum Eigenkapital gerechnet werden. Dabei zieht es die Bank vor, wenn Sie die Wertschriften verkaufen. Ist kein Verkauf gewünscht, können allenfalls die Wertschriften nach Rücksprache mit der Bank als Sicherheit hinterlegt werden. Wie bei einem Lombardkredit liegt die Belehnung tiefer als der Marktpreis (zwischen ca. 50% und 95%, abhängig davon wie hoch die Volatilität ist (tiefe Belehnung bei Aktien, hohe Belehnung bei Obligationen).

 

Wertsachen

Der Verkauf von Wertsachen ist eine weitere Option, um an Bargeld zu kommen. Eine geerbte Briefmarkensammlung, ein wertvolles Gemälde, kostbarer Schmuck, ein teures Auto, ein antikes Instrument oder Gold aus dem Bankschliessfach sind nur einige Beispiele von Wertsachen, die Sie vielleicht besitzen und an die Sie vielleicht nicht gedacht haben.

Wenn Ihnen keine dieser Möglichkeiten zur Verfügung steht, dann bleibt Ihnen wohl oder übel nichts anderes übrig, als mit dem Kauf eines Hauses oder einer Wohnung noch zu warten. Das mag insbesondere bitter sein wenn Sie über ein gutes Einkommen verfügen, aber noch keine Ersparnisse zurücklegen konnten. Andererseits sollten Sie sich auch in die Lage der Bank versetzen: Wenn jemand zehn Jahre lang gearbeitet hat und nichts gespart hat, wie wahrscheinlich ist es, dass er seinen Lebensstil so ändert, dass er die Hypothek innerhalb von 15 Jahren auf 2/3 des Immobilienwerts reduzieren kann? Und ohne echtes Eigenkapital ist auch Ihnen gedient, wenn Sie noch keine Immobilie erwerben. Sie gehen so keine Risiken (insbesondere Wertverlust und Nachschusspflicht) ein.

Und noch als Tipp: Fangen Sie jetzt an mit Sparen, und denken Sie an das Sprichwort „Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“.