Diese Frage stellen sich viele Hausbesitzer: Soll ich die Hypothek auf meiner Immobilie zurückzahlen? Oder fahre ich finanziell besser, wenn ich die Hypothek nicht tilge und mein Vermögen anderweitig einsetze?

Wir gehen hier auf den Fall ein, dass Sie über Vermögen verfügen und sich überlegen, einen grösseren Teil der Hypothek zurückzuzahlen. Ein weiterer Fall wäre die Frage, ob die direkte oder die indirekte Amortisation (via Säule 3a) besser ist. Bei einer Belehnung über 2/3 des Hauswerts geben Banken üblicherweise einen weiteren Hypothekarkredit mit einer 2. Hypothek ab. Diese zweite Hypothek muss aber innerhalb von 15 Jahren amortisiert werden. Oft ist aufgrund der Steuerersparnis die indirekte Amortisation günstiger. Im Folgenden geht es nun aber darum, ob sich die Rückzahlung der Hypothek im grossen Stil rechnet.

 

Wann lohnt sich die Rückzahlung der Hypothek?

Auf diese Frage gibt es eine einfache Antwort:

Wenn der Hypothekarzins nach Steuern höher ist als der Ertrag auf dem Vermögen nach Steuern, dann lohnt sich die Tilgung der Hypothek.

Aber wie berechnet man diese beiden Zinssätze nach Steuern? Folgen Sie uns durch diese zwei Beispiele, um besser zu verstehen, wie die konkrete Berechnung in Ihrem Fall aussehen wird.

 

Beispiel 1: 100‘000 Franken geerbt, teure Festhypothek, risikoscheuer Anleger

Familie Angst ist sparsam, sicherheitsorientiert und verdient ordentlich. Die Familie hat kürzlich 100‘000 Franken geerbt und besitzt noch weiteres Vermögen in gleicher Höhe. Die Erbschaft liegt momentan auf einem E-Depositokonto bei PostFinance und wird zu 1.0% verzinst. Auf ihrer Eigentumswohnung lastet noch eine Festhypothek von 400‘000 Franken. Diese läuft in Kürze aus und die Offerte für eine neue Festhypothek lautet auf 3.0%. Der Grenzsteuersatz beträgt 30%; d.h., dass eine Reduktion des steuerbaren Einkommens um 1‘000 Franken die Steuerlast um 300 Franken senkt. Soll Familie Angst einen Teil der Hypothek zurückzahlen und so die Schuld auf 300‘000 Franken reduzieren?

Der Hypothekarzinssatz beträgt 3.0%, nach Steuern sind dies 2.1% (3.0% x 0.7), weil die Hypothekarzinsen vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden können.
Der Zinsertrag auf dem Konto muss ebenfalls versteuert werden, die Netto-Rendite nach Steuern beträgt 0.7% (1.0% x 0.7).
Der Hypothekarzinssatz liegt somit nach Steuern um 1.4% höher als der Zinsertrag auf dem geerbten Vermögen. Familie Angst spart jährlich 1‘400 Franken, wenn sie das geerbte Geld zur Rückzahlung der Hypothek verwendet. Somit lohnt sich die Amortisation.

 

Beispiel 2: 100‘000 in Aktien, günstige Libor-Hypothek, risikofreundlicher Anleger

Herr Berger hat 100‘000 Franken geerbt, welche gut diversifiziert in verschiedenen Aktienfonds angelegt sind. Er verdient sehr gut, hat keine Familie und kennt sich mit Aktien gut aus. Herr Berger erwartet auf seinem Portfolio eine Rendite nach Steuern von 5.0% jährlich. Herr Berger benötigt das Geld während den nächsten 10 Jahren nicht und kann mit Kursschwankungen auf seinem Erbe gut umgehen. Seine Hypothek über 500‘000 Franken auf seinem Haus läuft in Kürze aus. Er will sie mit einer Libor-Hypothek mit erwarteten Kosten von 1.8% über die nächsten drei Jahre ersetzen. Sein Grenzsteuersatz beträgt 33.3%. Soll Herr Berger sein Erbe weiterhin in seinem Aktien-Portfolio belassen oder seine Hypothek um 100‘000 Franken reduzieren?

Der Hypothekarzinssatz beträgt 1.8%, nach Steuern sind dies 1.2% (1.8% x 2/3), weil die Hypothekarzinsen vom Steuerbaren Einkommen abgezogen werden können.
Auf seinem Portfolio aus Aktien erwartet er eine Rendite nach Steuern von 5.0%.
Der Hypothekarzinssatz liegt somit nach Steuern um 3.8% tiefer als die erwartete Rendite auf den geerbten Aktien. Herr Berger spart jährlich 3‘800 Franken, wenn er das geerbte Vermögen weiterhin in seinem Depot belässt. Somit lohnt sich die Amortisation der Hypothek nicht.

 

Beispiel 3: 100‘000 auf Säule 3a Konto, Rückzahlung sinnvoll?

Familie Sicher nutzt schon seit Jahren die Säule 3a. Einerseits, um Steuern zu sparen, und seit dem Kauf Ihres Hauses auch, um indirekt zu amortisieren. Der 3a-Zins beträgt 0.5% und der Grenzsteuersatz liegt bei 40%. Die Vermögenssteuer auf weiteren 100‘000 Franken Vermögen beträgt 0.4%. Auf Ende Jahr läuft die damals abgeschlossene Festhypothek ab und könnte zu 1.5% verlängert werden. Familie Sicher überlegt sich nun, die Hypothek mittels Bezug von 100‘000 Franken aus der Säule 3a von 700‘000 auf 600‘000 Franken zu reduzieren. Doch lohnt sich das?

Der wesentliche Unterschied zu den beiden obigen Beispielen ist hier die steuerliche Situation mit der Säule 3a: hier fallen weder Einkommenssteuern (auf den Zinserträgen) noch Vermögenssteuern (auf dem Kapital) an. Bezieht man die Säule 3a, entfallen diese Vorteile. Die Steuer beim Bezug von ca. 5-10% berücksichtigen wir aus Gründen der Einfachheit und weil diese sowieso anfallen wird, nicht. Korrekt gerechnet würde dies einen kleinen Vorteil für das Beibehalten des Geldes in der Säule 3a bedeuten.
Der Hypothekarzinssatz beträgt 1.5%, nach Steuern sind dies 0.9% (1.5% x 0.6), weil die Hypothekarzinsen vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden können.
Der Zinssatz auf dem 3a-Konto beträgt 0.5% und ist steuerfrei. Hinzu kommt die Vermögenssteuer von 0.4%, die momentan eingespart wird (bei einem Bezug erhöht sich das steuerbare Vermögen, weil die Hypothek neu geringer ausfallen würde). Unter Berücksichtigung der Vermögenssteuer rentiert die Säule 3a also mit 0.9%. Somit spielt es mit diesen Annahmen keine Rolle, ob die Hypothek reduziert wird oder nicht.

 

Fazit Rückzahlung der Hypothek: Ja / Nein

Anhand dieser zwei Beispiele haben Sie gesehen, dass das Resultat je nach Ausgangslage unterschiedlich sein kann. Das Muster dahinter ist jedoch einfach zu erkennen: Je höher der Hypothekarzinssatz nach Steuern im Vergleich zur Nettorendite des Vermögens ist, desto eher lohnt sich die Rückzahlung der Hypothek.

Finanzieren Sie Ihre Immobilie mit einer teuren Hypothek und legen Ihr Geld sehr sicher und damit mit wenig Rendite an, dann lohnt sich meistens die Amortisation der Hypothekarschuld. Der Zins des Kredits ist teurer als der Zinsertrag des Vermögens nach Steuern. Voraussetzung ist hier jedoch, dass Sie dazu nicht Ihr gesamtes Vermögen einsetzen. Es wird manchmal schwierig, seine Hypothek wieder aufzustocken, insbesondere wenn sich die Einkommenssituation geändert hat. Dies ist z.B. bei der Pensionierung, bei Wegfall eines Erwerbseinkommens (z.B. wegen der Betreuung der eigenen Kinder) oder bei anhaltender Arbeitslosigkeit der Fall. Gerade bei Rentnern mit geringem Einkommen aber hohen Ausgaben sollte die Amortisation wohl überlegt sein. Manchmal ist es besser, etwas mehr Zinsen zu zahlen, und dafür Zugriff auf sein Vermögen zu haben, als sein ganzes Geld in einer Anlage (dem eigenen Heim) illiquide investiert zu haben.

Finanzieren Sie hingegen Ihr Haus mit einer günstigen Hypothek und erwarten Sie eine hohe Rendite auf Ihrem Kapital, dann sollten Sie die Hypothek nicht tilgen. Voraussetzung ist hier jedoch, dass Sie in der Lage sind, mit dem Kursschwankungsrisiko Ihrer Anlagen umgehen zu können.

Was meinen Sie dazu? Wie haben Sie Ihre Hypothek zurück bezahlt?

 

Tipp: Vor einer Verlängerung der Hypothek sollten Sie unbedingt Angebote von verschiedenen Banken einholen. Eine Übersicht von aktuellen Zinsen finden Sie in unserem Zinsvergleich Hypotheken.